Landratsamt erteilt Teilbaufreigabe für Tengener Windpark
Tengen-Wiechs (swb). Wie der Landkreis Konstanz gestern in einer Medieninformation mitteilte, hat das Landratsamt Konstanz der Firma Solarcomplex AG nun die Teilbaufreigabe für die Durchführung sowohl der Erdarbeiten als auch der Fundamentarbeiten im Zusammenhang mit der Errichtung des »Windparks Wiechs« in Tengen-Wiechs erteilt. Damit können diese Arbeiten vor Ort bzw. an der Baustelle durchgeführt werden. Die Erteilung der Teilbaufreigabe wurde möglich, da das Verwaltungsgericht Freiburg den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamtes aktuell abgelehnt hat. Die Voraussetzungen für die Erteilung der Teilbaufreigabe für die Erd- und Fundamentarbeiten waren somit erfüllt.
Das Landratsamt hatte der Firma Solarcomplex AG mit Entscheidung vom 30. Mai 2016 die erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung (mit der darin enthaltenen Baugenehmigung) für die Errichtung und den Betrieb des Windparks erteilt. Der Windpark besteht aus insgesamt drei Windkraftanlagen, die auf der Gemarkung Wiechs a. R. errichtet werden sollen. Gegen die Genehmigung hatte der Betreiber eines in der Schweiz ansässigen Ferienheims Widerspruch erhoben und in der Folge beim Verwaltungsgericht Freiburg die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt.
KLarer Standpunkt für die Energiewende von der grünen Landtagsabgeordneten
Singen (of). Bisher habe sie sich rausgehalten aus der akutell tobenden Debatte, die Windkraftgegner durch ständig neue Einwürfe bezüglich des geplanten Windparks Verenafohren wie auch des Windparks Kirnberg auslösen würden, doch nun müsse sie klare Position beziehen, meinte Landtagsabgeordnete Dorothea Wehinger in einem Mediengespräch am Mittwoch.
Auslöser für waren in diesem Fall der Auftritt der Bürgerinitiative mit ihrem Bus auf dem Herbstfest in Honstetten wie auch beim Klemenzenfest in Steißlingen: „Auf dem großen Plakat der Bürgerinitiative wie auch auf dem Aufdruck des Busses habe sie 23 Windräder gezählt, die dort per Fotomontage in die Landschaft platziert wurden. Das ist für Wehinger eine bewußte Irreführung, denn es sei schon längst kein Geheimnis mehr, dass zu den seit vielen Jahren in Betrieb befindlichen drei Windrädern auf der Stettener Höhe, den drei im Bau befindlichen bei Tengen und den zwei geplanten Windrädern bei Steißlingen keine weiteren dazu kommen würden, schon durch die Kürzungen der EEG-Zahlungen. Die Windkraftgegner bezeichnete Wehinger als „Egomanen“, die die Energiewende woanders umgesetzt sehen wollten, nur nicht vor der eigenen Haustüre. „Dabei muss eigentlich jeder vor der eigenen Haustüre anfangen“, unterstrich Wehinger das Konzept, das schon mit der Landratswahl 2011 ausgesprochen wurde und auch die Windkraft als Teil dieser Energiewende sieht.
Wir müssen uns bewußt sein, dass der Klimawandel nicht nur am Nordpol, sondern ganz stark auch bei uns angekommen: schneelose Winter, extreme Regenfälle und Unwetter im Sommer sind für sie nur zwei Anzeichen, dass es höchte Zeit sei zu handeln. Das solle auch dezentral geschehen umd Regionen in der Energieversorgung autarker zu machen.
Wehinger befindet auch den Slogan des „schützenswerten Naturjuwel Hegau“ schon als irreführend, denn der Hegau sei als Kulturlandschaft geprägt durch Landwirtschaft, durch die Autobahnen und andere Straßen, durch die Industrie und Gewerbegebiete, durch die Flugrouten bis zu den Gewächshäusern bei Beuren und Aach. „Ich frage mich, warum damals niemand dieser Naturschützer Sturm dagegen gelauften ist, als für das neue Bauhaus 20.000 Quadratmeter Natur zubetoniert wurden“, so Wehinger Spitz. Wehinger sieht die oft bewussten Falschinformationen als Taktik an, um die Genehmigungsverfahren soweit zu verzögern, das Fristen überschritten werden, die für die Wirtschaftlichkeit der Anlagen nötig seien.
Sie will sich nicht nur angesicht der laufenden Debatten stärker den Themen der Energiewende einbrinden, die man nicht auf das Thema Windkraft oder Solarstrom reduzieren könne. Es müsse auch um Effizienz und um Einsparungen gehen. (Oliver Fiedler)
Tengens Bürgermeister Marian Schreier nimmt Stellung zum Protest von Windkraft-Gegnern in der Region. Er setzt auf nachhaltige Energieerzeugung.
Herr Schreier, wie ist der aktuelle Stand beim Windpark Verenafohren?
In den letzten Wochen wurde die Zuwegung sowie Rangier- und Lagerflächen angelegt. Schon Anfang des Jahres haben die Rodungen im Wald stattgefunden.
Wann rechnen Sie mit einer Entscheidung, ob weitergebaut werden darf?
Um mit den eigentlichen Bauarbeiten beginnen zu können, braucht es die Baufreigabe, die bislang noch nicht vorliegt. Solange das Eilverfahren beim Verwaltungsgericht anhängig ist, wird diese auch nicht durch das Landratsamt erteilt werden. Wie lange das Gericht für eine Entscheidung braucht, lässt sich nicht definitiv sagen. Ich gehe davon aus, dass nachdem die Anhörungsfristen nun auslaufen es noch etwa zwei bis vier Wochen bis zu einer Entscheidung braucht.
Am Randen war es bislang völlig ruhig, von Bürgerprotesten gegen die Windräder keine Spur. Im Gegenteil: Besitzer von hunderten Grundstücken machen mit und beteiligen sie am Windprojekt. Haben Sie mit Protesten gerechnet?
In der Tat gab es in Tengen bislang keinen Bürgerprotest. Im Gegenteil: Das Projekt wird von der Mehrheit der Bevölkerung getragen und auch der Gemeinderat hat sich eindeutig dafür ausgesprochen. Deshalb habe ich nicht mit nennenswertem Widerstand vor Ort gerechnet – und dieser blieb auch nach den jüngsten Diskussionen aus. Ich ging aber davon aus, dass auch der Windpark Verenafohren ein Thema für die organisierten Windkraftgegner werden könnte.
Gibt es eine örtliche, eine Tengener Bürgerinitiative gegen das Projekt?
Nein, vor Ort gibt es keine Bürgerinitiative. Umso bemerkenswerter finde ich den Versuch, jetzt von außen Zwietracht in die Stadt zu tragen. Der fehlende Rückhalt für die Windkraftgegner in Tengen unterstreicht, dass Herr Bihler nicht für eine schweigende Mehrheit spricht, sondern überwiegend seinem persönlichen Bedürfnis an Provokation und öffentlicher Darstellung nachkommt.
Was sagen die Bürger, was meinen die beteiligten Grundstücksbesitzer zum aufkeimenden Protest?
Die Reaktionen der Bürger, mit denen ich in den letzten Tagen gesprochen habe, reichen von Verwunderung bis offenem Ärger. Viele verstehen nicht, warum erst jetzt – nachdem das Projekt über viele Monate, ja mehrere Jahre öffentlich diskutiert und schließlich einhellig unterstützt wurde – Widerspruch aufkommt.
Warum ist der Windpark für die Stadt Tengen wichtig?
Der Windpark Verenafohren ist die größte Investition der letzten Jahrzehnte in Tengen. Dies ist nicht nur ökologisch sinnvoll, weil bilanziell Strom für bis zu 20 000 Personen produziert wird, sondern auch wirtschaftlich vernünftig für die Stadt Tengen: Denn wir partizipieren über Pachteinnahmen und Gewerbesteuer am wirtschaftlichen Ertrag. Schließlich kann ich mir auch eine touristische Nutzung vorstellen. Mittlerweile gibt es eine Reihe von Windwanderwegen rund um bestehende Windparks. Übrigens ist auch die oft ins Feld geführte Kulturlandschaft aus meiner Sicht ein Argument für die Windkraft. Wenn wir diese einzigarte Landschaft erhalten wollen, dann müssen wir schauen, dass die Luft und die Seen rein bleiben und dass unser Klima intakt bleibt.
Das wird nur mit einem Umstieg auf eine erneuerbare Energieversorgung gehen. Und wer einmal gesehen hat, wie die Landschaft beispielsweise durch den Braunkohleabbau umgepflügt wird, der wird bei Windrädern nicht mehr von Landschaftsverschandelung sprechen.
Die Windkraftgegner greifen Sie als Bürgermeister in ihrer jüngsten Erklärung durchaus scharf an.
Die Windkraftgegner behaupten, dass die Arbeiten ohne Baugenehmigung stattfinden und mir persönlich wird vorgeworfen, ich würde dies tolerieren. Dies ist eine Falschbehauptung, weil seit dem 30. Mai dieses Jahres die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vorliegt, die wiederum die Baugenehmigung beinhaltet.
Was fehlt dann noch?
Was noch aussteht, ist die Baufreigabe, landläufig auch als roter Punkt bekannt. Für die Arbeiten an der Zuwegung und den Lagerflächen braucht es aber auch diese nicht, da hierfür separate Genehmigungen nach dem Forst- und Naturschutzrecht erteilt wurden. Jeder soll selbst bewerten, ob die Verwechslung von Baugenehmigung und Baufreigabe dem mangelnden verwaltungsrechtlichen Verständnis von Herrn Bihler geschuldet ist oder ob bewusst mit falschen Behauptungen Stimmung gemacht werden soll.
Sie beklagen, die öffentliche Diskussion über die Windkraft in der Region sei „etwas schief“. Wie meinen Sie das?
Ich finde es richtig, dass wir leidenschaftlich über die Windkraft und die Frage, wie wir unsere Energieversorgung organisieren, streiten. Und ich kann auch die Argumente der Gegner nachvollziehen. Zwei Punkte stimmen mich aber nachdenklich, die nicht nur in der Diskussion um die Windkraft zu Tage treten. Das ist einerseits der schamlose Umgang mit Falschbehauptungen und Halbwahrheiten. Das Forum Hegau Bodensee hat wiederholt mit Unwahrheiten argumentiert. Stichwort: Baugenehmigung. So lässt sich keine faire Diskussion führen. Andererseits können wir am Beispiel der Windkraft und anderer Infrastrukturprojekte beobachten, wie eine gewisse Zukunftsvergessenheit um sich greift: Alles soll bleiben wie es ist. Wir werden unseren Wohlstand und unsere Lebensqualität aber nicht ohne Veränderungen erhalten können. Den Preis des Fortschritts müssen wir gesellschaftlich aushandeln, ohne gleich jedwede Veränderung abzulehnen.
Fragen: Jörg Braun
Zu Person und Projekt
Marian Schreier ist seit mehr als einem Jahr Bürgermeister in Tengen. Er modernisiert seine traditionsreiche Stadt nachhaltig und unterstützt das Windpark-Projekt Verenafohren. Dieses sieht drei Windräder mit 200 Metern lichter Höhe vor. Gebaut wird die Anlage auf dem Randen von der Interessengemeinschaft Hegauwind, der zahlreiche Stadtwerke und Stromfirmen der Region angeschlossen sind. (jöb)
Offizieller Baustart für den ersten Windpark im Landkreis. Stromfirmen und Kommunen investieren 16,3 Millionen Euro und Bürgermeister Schreier sieht einen „historischen Moment“.
Die ersten Windräder im Landkreis Konstanz sollen sich schon im nächsten Sommer drehen und umweltfreundlichen Strom erzeugen. Am Dienstag war Baustart für den Windpark Verenafohren beim Tengener Stadtteil Wiechs am Randen. Rund 16,3 Millionen Euro werden in das Vorzeigeprojekt investiert. Tengens Bürgermeister Marian Schreier sprach von einem „historischen Moment“ für seine Kommune. Rund 100 Bürger, Grundstücksbesitzer und Interessierte waren zum offiziellen Spatenstich gekommen.
Strahlende Sonne und mit Sahne gefüllte Windbeutel empfingen die Gäste des offiziellen Baustart-Termins am Ortsrand von Wiechs. Die süßen Leckereien waren genau so Symbolik wie der Spatenstich, zu dem die Projektpartner eingeladen hatten. Denn das Wind-Projekt ist längst gestartet. Reichlich Waldfläche wurde bereits im Winter gerodet, für die neuen, breiten Wege, die zum Gewann Verenafohren führen, wo die drei Windräder bald stehen sollen. Große Schneisen führen nun durch den Wald. Sie werden benötigt, um die riesigen Rotorblätter der Windräder auf den Berg zu bekommen.
Bemerkenswert: Das Tengener Projekt schaffte es, buchstäblich im Windschatten einer heftig emotionalen Windrad-Debatte in anderen Hegau-Orten umgesetzt zu werden. Rund um Steißlingens Kirnberg (siehe Text rechts) wird von mehreren Bürgergruppen seit vielen Monaten lautstark und erbittert gegen die dort geplanten Windkraftanlagen Dampf gemacht, Protest organisiert und auch rechtlich mit harten Bandagen gekämpft. Ganz anders in Tengen. „Bei uns gab es keine nenneswerten Bürgerproteste. Die Tengener stehen mit deutlicher Mehrheit hinter den Windrädern“, erklärte am Dienstag Bürgermeister Marian Schreier.
Natürlich habe es „rege Diskussionen“ gegeben. Doch am Ende seien die Besitzer der 220 benötigten Grundstücke für die Windräder überzeugt gewesen und hätten mitgemacht. „Man kann nicht gegen Atomkraft und gegen Windkraft sein“, erklärt beispielsweise Grundstücksbesitzer Winfried Winter.
Tengens Stadtoberhaupt war deutlich anzumerken, dass ihn dieser Bürgerrückhalt stolz macht. Lange, viele Jahrzehnte gar, war der Landkreis Konstanz ein weißer Fleck auf der Windkraft-Landkarte, während sich vielerorts die Windräder längst drehten. Tengen ist nun der erste Ort, an dem aus Wind Strom erzeugt wird. Für grob gerechnet rund 20 000 Menschen.
Andreas Reinhardt von den Stadtwerken Radolfzell freute sich als Geschäftsführer der Interessengemeinschaft Hegauwind über den Baustart. „Da bleibt eine Menge Wertschöpfung hier in der Region“, erklärte er. Die Grundstückseigentümer sind über Einmalzahlungen und Pachteinnahmen am Windprojekt beteiligt. Auch die Stadt Tengen profitiert, sie kassiert Gewerbesteuer.
Testbetrieb nächsten Sommer
Bene Müller von Solarcomplex als Projektierer der Anlage sagte, die Vorbereitungen würden schon seit vier Jahren laufen. 34 Aktenordner mit Unterlagen seien bei den Genehmigungsbehörden eingereicht worden. Die drei Windräder seien „ein Meilenstein“ für die Energiepolitik im Landkreis. In einem Jahr sollen sich die Räder bereits drehen, ein Testbetrieb könnte im Frühsommer starten. Der Bau komme schon jetzt gut voran. Zwei Drittel der Investitionssumme von 16.3 Millionen Euro würden über die Landesbank Baden-Württemberg finanziert, den Rest würden die Projektpartner tragen.
Die drei Räder auf dem Gewann Verenafohren werden rund 200 Meter hoch. Allein die Nabe hängt in 134 Metern Höhe, hinzu kommen die drei Rotoren. „Diese Schwachwind-Anlage ist so groß ausgelegt, damit auch an diesem Standort wirtschaftlich Windstrom erzeugt werden kann“, erläuterte Bene Müller. Bürger, die sich am Projekt beteiligen wollen, könnten dies noch über die Bürger-Energiegenossenschaft tun. Von den zahlreichen Windkraft-Gegnergruppen war beim Spatenstich nichts zu sehen.
Der Windpark Verenafohren bei Wiechs am Randen nahe Tengen ist ein Projekt der Interessengemeinschaft Hegauwind., die sich 2012 gründete, um Windnutzung im Landkreis Konstanz zu untersuchen.
Die Projektpartner: Mitglieder sind die Bürgerenergie Bodensee eG, die Schweizer Stromfirmen EKS und SH Power, die Gemeindewerke Steißlingen, Solarcomplex, Thüga Energie sowie die Stadtwerke aus Singen, Radolfzell, Stockach, Engen und Tuttlingen. Für die drei Räder in Tengen wurde eine Betreibergesellschaft gegründet.
Weitere Wind-Projekte: Auf Schweizer Gemarkung, aber in Sichtweite von vielen Hegau-Orten, sollen vier Räder auf dem Schiener Berg gebaut werden, für das Projekt Chroobach. 30 Millionen Schweizer Franken soll es kosten. Gegen das Vorhaben rührt sich Widerstand auf deutscher und Schweizer Seite. Erheblichen Widerstand gibt es auch für das Wind-Projekt auf dem Kirnberg. Dort stehen die Chancen auf Verwirklichung derzeit 50:50, sagen die Planer der IG Hegauwind.
Die Gegner: Mehrere Bürgerinitiativen kämpfen gegen die Windnutzung. Sie sehen eine Verschandelung des Landschaftsbildes und führen negative Auswirkungen der Windräder an. Sie haben sich in einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen, dem Forum Erneuerbare Energien Hegau-Bodensee. (jöb)
Die Bauarbeiten beginnen – im westlichen Teil des Landkreises entsteht in den nächsten 12 Monaten ein moderner Windpark zur Versorgung der Bevölkerung mit regenerativem Windstrom.
Die Anlagendaten sind beeindruckend:
Planungszeit: Herbst 2012 bis Frühjahr 2016
3 WEA modernster Bauart – Nordex N131
Dimensionen: 199,5 m Gesamthöhe, 131 m Rotordurchmesser
Turm: Hybrid (Beton/Stahl); 134 m Nabenhöhe
Stromertrag: 20 Millionen kWh pro Jahr
Investitionssumme: rund 16,3 Mio € netto
Betreiber: Hegauwind GmbH & Co. KG mit Sitz in Tengen